AG Kempten, Urteil vom 14.10.2020, AZ: 6 C 844/20
Hintergrund:
Der Kläger ließ sein Fahrzeug nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall reparieren. Die beklagte Haftpflichtversicherung des Schädigers kürzte die durch COVID-19 zusätzlich angefallenen Reinigungskosten in Höhe von 96,30 €, da diese Kosten – so die Beklagte nicht erforderlich seien.
Aussage:
Das AG Kempten entschied, dass die Beklagte vollumfänglich für die aus dem Unfall entstandenen Schäden haftet. Hier zählen auch die von der Werkstatt berechneten Kosten für COVID-Reinigungskosten. Das Gericht führt hierzu aus:
„Nachdem das Fahrzeug aufgrund des Verkehrsunfalls vom 09.05.2020 instand zu setzen war, sind auch die dadurch angefallenen COVID-Reinigungskosten zur Durchführung der Reparatur adäquat kausal durch den Unfall verursacht. Diese stellen nicht lediglich allgemeine Arbeitsschutzmaßnahmen dar, sondern sind gerade Teil des konkreten jeweiligen Reparaturauftrages und damit im Rahmen der Schadensbeseitigung vereinbart.
Darüber hinaus hat sich im vorliegenden Parteienverhältnis die Schadensbetrachtung nicht nur an objektiven Kriterien zu orientieren, sondern ist nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1992, 302) subjektbezogen.
Gibt der Geschädigte das Unfallfahrzeug zur Reparatur in die Hände von Fachleuten, so würde es dem Sinn und Zweck des § 249 BGB widersprechen, wenn er bei der Wiederherstellung des vorherigen Zustands im Verhältnis zum ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen de r Schadensbeseitigung belastet bleibt, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen sind und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfindet. Die Werkstatt ist insoweit kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten. Das sog. Werkstattrisiko geht insofern zu Lasten des Schädigers, vgl. BGH NJW 1992, 302. Dies gilt auch dann, wenn die Werkstatt dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeiten in Ansatz bringt oder Arbeiten berechnet, die nicht oder nicht in dieser Weise ausgeführt worden sind, vgl. OLG Hamm, NZV 1995, 442.
Gibt der Kläger also wie hier das Unfallfahrzeug in Reparatur, so kann er auch die vollen ihm von der Reparaturwerkstatt berechneten Reparaturkosten ersetzt verlangen, ohne dass den Einwendungen der Beklagten gegen die Höhe der Reparaturrechnung durch Beweisaufnahme nachgegangen werden müsste. Insoweit fehlt es bereits aus Rechtsgründen an der Erheblichkeit des Beklagtenvorbringens.“
Praxis:
Mit der Entscheidung des AG Kempten liegt eine weitere Entscheidung vor, die die Erforderlichkeit der COVID-Reinigungskosten bestätigt (vgl. auch AG Heinsberg, Urteil vom 04.09.2020, AZ: 18 C 161/20; AG Landsberg am Lech, Urteil vom 05.10.2020, AZ: 3 C 420/20).